Einen neuen Weg geht die Klinik für Lungenheilkunde bei der Behandlung von Tumorpatientinnen und Tumorpatienten mit einer oralen Tumortherapie. Im Gegensatz zur intravenösen Zytostatikatherapie, für die ein stationärer oder zumindest ein tagesklinischer Aufenthalt im Krankenhaus notwendig ist, werden orale Tumortherapeutika von Patientinnen und Patienten zu Hause eingenommen.
Die Nebenwirkungen oraler Tumortherapien sind nicht harmloser als die Nebenwirkungen intravenöser Tumortherapien. Daher ist ein umfangreiches Wissen der Patientinnen und Patienten über exakte Einnahmevorgaben, Nebenwirkungen oder auch Wechselwirkungen, z.B. mit Nahrungsmitteln, enorm wichtig und mitunter therapieentscheidend. Um diese Wissensvermittlung zu gewährleisten, wurde das betreuende Team auf der onkologischen Lungenstation D 3.1 im Sinne einer interdisziplinären Zusammenarbeit erweitert. Die Patienteninformation- und schulung läuft in nachfolgend erläuterten Schritten ab.
Anfangs wird die Patientin bzw. der Patient von behandelnden Fachärztinnen und Fachärzten über die orale Tumortherapie aufgeklärt und es werden die Wichtigkeit der exakten Einnahme, mögliche Nebenwirkungen sowie das richtige Verhalten bei Nebenwirkungen etc. betont. Während des stationären Aufenthaltes wird die Patientin bzw. der Patient auf das Medikament eingestellt.
Zeitnah erfolgt ein zweites Gespräch mit der Patientin bzw. dem Patienten und zwar durch klinische Pharmazeutinnen und Pharmazeuten unserer Krankenhausapotheke. Diese erläutern alles Wissenswerte rund um die exakte Einnahme der oralen Tumortherapie. Bei diesem Gespräch kann auf erste Fragen eingegangen werden, die sich nach dem Gespräch der Patientin bzw. des Patienten mit den Fachärztinnen und Fachärzten der Klinik ergeben. Im Anschluss bekommt die Patientin bzw. der Patient ein Infoblatt für die orale Tumortherapie mit nach Hause (bisher wurden sechs Infoblätter für die gängigen Medikamente erstellt).
Ist die Patientin bzw. der Patient damit einverstanden, so wird zusätzlich deren oder dessen jeweilige Stammapotheke verständigt und das Infoblatt dort hinterlegt.
Da man aus Erfahrung weiß, dass so manche Fragen, die sich für Patientinnen und Patienten ergeben, nicht bei der Visite gestellt, sondern zwischendurch an die Pflege herangetragen werden, wurde auch das Pflegepersonal stärker in den Schulungs- und Informationsprozess eingebunden. 20 diplomierte Pflegekräfte wurden durch Ärztinnen und Ärzte sowie durch die klinische Pharmazie umfassend zum Thema orale Tumortherapeutika informiert und geschult.
Durch dieses erweiterte Wissen über die richtige Einnahme und Nebenwirkungen der oralen Tumortherapie kann die Pflege Patientinnen und Patienten noch besser auf pflegerische Belange für daheim vorbereiten und beraten (zum Beispiel in Bezug auf spezielle Haut- und Nagelpflege).
Zudem erhielt das Pflegeteam von der Arbeitspsychologie unseres Universitätsklinikums eine Kommunikationsschulung, um gezielter auf die Fragen der Patientengruppe mit oraler Tumortherapie eingehen zu können. Miteingebunden wurde auch die Pflege der Lungenambulanz, da Patientinnen und Patienten nach dem stationären Aufenthalt regelmäßig in die Ambulanz zur Kontrolle kommen und hier verstärkt Kontakt mit der Pflege haben.
Durch die intensive Zusammenarbeit mehrerer Berufsgruppen, die sich im Team um die Stärkung der Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten sorgen, konnte bisher mehr als 40 Patientinnen und Patienten der Klinik für Lungenheilkunde eine orale Tumortherapie daheim ermöglicht werden.
Initiiert wurde das Projekt von Prim. Priv.-Doz. Dr. Bernd Lamprecht und Apothekenleiter Mag. Dr. Alexander Weigl. Pflegebereichsleiterin Andrea Fürthaller, MSc, brachte das Projekt beim Land OÖ in die Arbeitsgruppe "Gesundheitskompetenz der PatientInnen stärken" ein.